Januar 29, 2018
Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ist eines der zentralen Förderinstrumente. Der Deutsche LandFrauenverband (dlv) erwartet von der geplanten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union auch einen Neuanfang für ELER. Denn im Augenblick birgt die Förderung viele Hürden, die sowohl für Projekte, die Frauen umsetzen wollen als auch für ehrenamtliche Projekte oft unüberwindbar sind. Zu diesem Thema diskutieren die Teilnehmerinnen der dlv-Begleitveranstaltung des Zukunftsforums Ländliche Entwicklung des Bundeslandwirtschaftsministeriums am 24. Januar.
„Wir brauchen an dieser Stelle ein Umdenken im Fördermechanismus und nicht nur ein kleines Reförmchen“, fordert Brigitte Scherb, dlv-Präsidentin. „Die EU-Mittel müssen zur Erreichung gleichwertiger Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land gerecht aufgeteilt werden. Der ELER muss für alle Menschen im ländlichen Raum verfügbar werden und Lösungen für die Probleme auf dem Land bereithalten. Wir brauchen mehr Freiraum, damit der Bottom-Up-Ansatz gelingen kann. Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind weniger bürokratischer Aufwand und die Abschaffung der Vorfinanzierung.“
Petra Raue vom Thünen-Institut fordert die Potenziale des ELER für die Förderung von Frauen auf dem Land zu nutzen. Ihre Evaluation von Bundesprogrammen im Norddeutschen Raum zeigt, dass Frauen nicht, bzw. nur am Rande berücksichtigt werden. Nur wenn Gleichstellung alle Akteure ernst nehme, kann sich das ändern. Es ist vieles möglich, wenn der politische Wille und das Bewusstsein vorhanden sind! Damit Frauen in ländlichen Räumen und in der ELER-Förderung sichtbarer werden, müssen zum Beispiel die gendersensible Berichterstattung und Evaluierung der EPLR eingefordert werden. An ausgewählten Beispielen zeigt sie, dass Frauenquoten für LEADER-Regionen sinnvoll sein können, auch für die Begleitausschüsse.
Der dlv unterstützt diese Forderung: Die Gleichstellung von Männern und Frauen als ein Zielbereich der Förderung der ländlichen Entwicklung in die nächste ELER – Verordnung aufzunehmen, um auf allen Ebenen des Programms geschlechtergerecht wirken zu können.
Joachim Hauck, Ministerium Ländlicher Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg präsentiert die Innovativen Maßnahmen für Frauen im Ländlichen Raum (IMF) im Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum Baden-Württemberg (MEPL). Das Programm in Baden-Württemberg ist nach eigenen Angaben ein „Exotenprogramm“ im Rahmen von ELER, da es sich nur an Frauen richtet. Damit setzen sie Innovationspunkte im ländlichen Raum und schaffen Innovationspotenziale. Im Rahmen des Programms wurden von 2007 bis 2013 rund 470 Arbeitsplätze für Frauen im ländlichen Raum geschaffen. Rund 1.400 Frauen wurden im Bereich der Diversifizierung qualifiziert und neue Dienstleistungen und Produkte sind entstanden.
In der Diskussionsrunde stehen Ines Kinsky, Bundesarbeitsgemeinschaft der LEADER-Aktionsgruppen, Dr. Martin Scheele, Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der EU-Kommission und Ursula Braunewell, dlv-Präsidiumsmitglied Rede und Antwort.
Dr. Martin Scheele stellt fest, dass der EU-Rahmen für ELER stark vereinfacht werden solle. Es sei dann Aufgabe der nationalen Seite die Verordnung auszugestalten. Die Berichterstattung müsse dann ergebnisorientiert sein, damit klar daraus hervorgehe, was man erreicht habe. Dieser EU-Vorschlag erfordere ein Umdenken auf allen Ebenen und er hoffe auf genügend Rückenwind, um die Veränderungen umzusetzen. Ines Kinsky begrüßt diesen Vorschlag. Das grundlegende Misstrauen, der Generalverdacht gegenüber den Antragsstellerinnen und –stellern müsse weg. Dem fügt sie noch den Appell hinzu, Kleinprojekte bis 25.000 Euro anders einzustufen. Ein Verzicht auf kleinteilige Rechnungsprüfungen wäre hier angebracht. Ursula Braunewell ergänzt, dass die Mitwirkung von ehrenamtlichen Akteuren in den verschiedenen Gremien von Bedeutung sei. Dafür müsse das Ehrenamt Unterstützung erhalten, um auf Augenhöhe mit den Behörden und Hauptamtlichen agieren zu können. Das in den ELER- und LEADER-Gremien engagierte Ehrenamt benötige Qualifizierung und müsse Aufwandsentschädigungen für die damit verbundenen Tätigkeiten erhalten.
Brigitte Scherb dankt abschließend allen Beteiligten. Sie könne alle Bestrebungen, die auf Entbürokratisierung abzielen, nur gut heißen.
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Aktiv für Frauen und ihre Familien im ländlichen Raum:
Über den Deutschen LandFrauenverband e.V. (dlv)
Der Deutsche LandFrauenverband e.V. (dlv) ist der bundesweit größte Verband für Frauen, die auf dem Lande leben, und deren Familien. Ziel ist, die Lebensqualität und die Arbeitsbedingungen im ländlichen Raum zu verbessern. Der dlv vertritt die politischen Interessen aller Frauen in ländlichen Regionen und den Berufsstand der Bäuerinnen.
500.000 Mitglieder, 12.000 Ortsvereine, 22 Landesverbände bilden zusammen ein starkes Netzwerk. Der Verband nutzt seine gesellschaftliche Kraft, um die soziale, wirtschaftliche und rechtliche Situation der Frauen zu verbessern. Präsidentin ist Brigitte Scherb.