Mai 10, 2019
Gerade der ländliche Raum ist angewiesen auf das ehrenamtliche Engagement seiner Einwohner*innen. Ohne Ehrenamt würde so mancher Bürgerbus nicht fahren, so manche Grünfläche überwuchern, gebe es so manches Veranstaltungs-, Sport- oder Bildungsangebot nicht – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Ehrenamt, sagt man oft, ist der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält.
Ehrenamt wird gebraucht. Und Ehrenamt ist von unschätzbarem Wert. Die ehrenamtlich Aktiven leisten ihren Dienst an der Gesellschaft und stellen die eigenen Interessen zugunsten des Gemeinwohls zurück. Dafür bekommen sie keinen Arbeitslohn, manchmal nicht einmal eine Aufwandsentschädigung. Ein Ehrenamt auszuführen ist nicht selbstverständlich und kann auch nicht als selbstverständlich hingenommen werden.
Das Ehrenamt braucht eine wertschätzende Haltung innerhalb der Gesellschaft. Dabei ist die Politik gefragt, auf Kommunal- und auf Landesebene. Der Niedersächsische LandFrauenverband Hannover (NLV) fordert eine angemessene Würdigung ehrenamtlicher Tätigkeiten.
Konkret fordert der NLV:
1. Eine klare Definition des Begriffs „Ehrenamt“. Diese muss jede Tätigkeit berücksichtigen, die das Gemeinwohl stärkt, egal ob sie in anerkannt gemeinnützigen oder nicht gemeinnützigen Organisationen erbracht wird.
2. Gerade im ländlichen Raum müssen von den Kommunen mehr Hauptamtliche eingestellt werden, um die tägliche Daseinsvorsorge sicherzustellen. Denn die tägliche Daseinsvorsorge ist eine öffentliche Aufgabe.
3. Vereinfachung der Förderanträge: Um ehrenamtliche Tätigkeit zu erleichtern, ist ein Bürokratieabbau erforderlich. Antragstellungen für Förderprogramme sollten deutlich erleichtert werden, Formulare einfach und verständlich aufbereitet, erforderliche Nachweise einfach zu erbringen sein.
4. Eine deutliche Anhebung der Ehrenamtspauschale: Wer sich für die Gemeinschaft engagiert und dabei keinen Lohn, sondern eine Aufwandsentschädigung erhält, sollte darauf gar keine Steuern entrichten müssen. Der Steuerfreibetrag von 720 Euro ist aber auf jeden Fall deutlich zu gering.
5. Bei ehrenamtlichen Fahrten sollten in der Steuererklärung 50 Cent als Kilometerpauschale angesetzt werden.
6. Spendenbescheinigung für Stunden: Wer eine bestimmte Anzahl Stunden (500) nachweisen kann, die er für ehrenamtliche Tätigkeiten aufgewendet hat, muss diese analog zu Geldspenden in seiner Steuererklärung geltend machen können.
7. Ehrenamtliche Vorstandsarbeit sollte sich in Rentenpunkten widerspiegeln.
8. Die Freistellung Ehrenamtlicher von der Arbeitsstelle sollte gesetzlich geregelt sein, damit es für Ehrenamtliche gegenüber ihren Arbeitgeber*innen zur Selbstverständlichkeit wird, ihr „Recht auf Ehrenamt“ zu vertreten. Eine Möglichkeit wäre, Ehrenamtstage bei voller Lohnfortzahlung einzuführen.
9. Im Arbeitsleben sollten für ehrenamtlich Tätige dieselben Regelungen gelten wie
für schwerbehinderte Mitarbeiter. So müssen für sie besondere
Urlaubsregelungen und ein besonderer Kündigungsschutz gelten.
Arbeitgeber*innen sollten bei ihrer Einstellung Lohnkostenzuschüsse aus
Steuergeldern erhalten.
10. Ehrenamtliche Termine in der Gremienarbeit und ehrenamtliche Fortbildungen
müssen – egal ob ein- oder mehrtägig – als Bildungsurlaub anerkannt werden.
11. Ein Rechtsanspruch auf Telearbeit muss eingeführt werden, damit feste
Anwesenheitszeiten im Beruf Ehrenamt nicht verhindern.
12. Für benötigte Ausstattung für die Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit (Auto,
technische Hilfsmittel) sollte es spezielle Vereinbarungen mit Herstellern geben
(spezielle Rabatte für Ehrenamtliche).
13. Es sollte ein Vorruhestandsprogramm aufgesetzt werden. Wer frühzeitig in Rente
gehen kann, ist eher bereit, sich ehrenamtlich zu engagieren.
14. Ein freiwilliges Jahr für junge Menschen sollte eingeführt werden, damit die
Ausübung eines Ehrenamtes auch in der jüngeren Generation selbstverständlich
wird. Das freiwillige Ehrenamtsjahr hilft zudem ehrenamtlich arbeitenden
Organisationen bei ihrer Arbeit.
Hannover, Mai 2019
Anlagen