Juni 17, 2019
Hannover – „Nur wer nicht hinsieht, kann für Ausgrenzung sein“, sagte Rüdiger Becker bei der Abschlussveranstaltung zum Dreijahresthema „Integration mit Herz und Verstand – LandFrauen schaffen Begegnung“ des Niedersächsischen LandFrauenverbandes Hannover (NLV) in der vergangenen Woche in der Stadthalle Braunschweig. Der Direktor der Evangelischen Stiftung Neuerkerode würdigte in seinem Grußwort den Mut der LandFrauen, sich diesem Thema zu stellen. Und auch Elisabeth Brunkhorst, Vorsitzende des NLV betonte am Rednerpult: „LandFrauen haben sich von Hemmschwellen, Berührungsängsten und Vorurteilen in den vergangenen drei Jahren nicht abhalten lassen und viele Begegnungen geschaffen.“ Der NLV hat nicht nur Geflüchtete, sondern auch andere sozial benachteiligte gesellschaftliche Gruppen, wie Menschen mit Behinderungen oder Obdachlose miteinbezogen.
Zu dem Motto des Dreijahresthemas beglückwünschte Düzen Tekkal die LandFrauen. Gerade echte Begegnung sei entscheidend für Veränderung, stellte die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin in ihrem Referat „Frauenrechte kennen keine Nationalität“ heraus. Die Gründerin des Vereins Hawar.help schilderte den rund zahlreichen LandFrauen und Gästen, wie sie aufgrund ihrer Erfahrung als Kriegsberichterstatterin in Syrien und im Irak, gar nicht anders konnte, als sich gegen Verfolgung und für eine offene Gesellschaft zu engagieren. „Ich bin sehr stolz auf Deutschland. Denn das Land, in dem ich aufgewachsen bin, bringt Menschenrechtsverletzungen vor den internationalen Gerichtshof und hier können Frauen offen über ihr Schicksal reden. Aber wir alle dürfen in unserem Engagement nicht nachlassen.“ Mit ihrem Vortrag stimmte sie die Anwesenden sehr nachdenklich.
Die Inklusionsband „Hand in Hand“ sorgte im Kontrast für ein Wechselbad der Gefühle, indem sie Freude pur auf die Bühne brachte. Die Band, die aus dem Inklusionsdorf Neuerkerode im Landkreis Wolfenbüttel stammt, gab unter Leitung von Tasja Oeser deutschsprachige Klassiker aus Rock und Pop zum Besten und hatte auch eigene Lieder wie den „Neuerkerode-Song“ parat. Dabei strahlten die Musiker so viel Spaß am Musizieren aus, dass das Publikum von den Stühlen aufstand und klatschend mittanzte.
Der Geschichtenerzähler Luc Degla aus Braunschweig hatte anlässlich der Abschlussveranstaltung eine Kolumne verfasst und leitete damit zum Podiumsgespräch über das Dreijahresthema über. Er interviewte Birgit Meyer-Borchers, die von einem Fahrradlernkurs mit Geflüchteten im LandFrauenverein Bassum berichtete. Die Tour ging zu einem Spargel- und Erdbeerhof. „Das Gesicht der Geflüchteten zu sehen, die zum ersten Mal Erdbeeren probiert haben, war einfach zu schön“, sagte Meyer-Borchers. Im Gespräch mit Heidi Klemm vom LandFrauenverein Tostedt ging es um einen Stadtrundgang mit den Augen eines Obdachlosen.
Ingeborg Cramm von Kreisverband Einbeck berichtete, wie 40 Hochbeete an Kindergärten, Altenheime und soziale Projekte übergeben werden konnten. Dort bereichern sie nun das soziale Leben.
Maren Hornbostel vom Kreisverband Peine hat mit den „Moor Ridern“, einem Motorradclub in der Nähe, eine Krimilesung veranstaltet. Ziel dieser Aktion war, Vorurteile „direkt vor der eigenen Haustür“ abzubauen.
Über den Internationalen Gären, den Frauen aus vielen verschiedenen Ländern auf dem Gelände der Berufsbildenden Schulen III in Stade bewirtschaften, erzählte Anne-Dörthe Neumann vom Kreisverband Stade. Die fünf Aktionen standen stellvertretend für viele weitere im Zuge des Dreijahresthemas.
Mit dem Thema „Integration“ hat der NLV einen Anfang gemacht. Denn „Integration ist eine Lebensaufgabe“, wie Düzen Tekkal in ihrem Vortrag betonte. Am Vormittag haben die Delegierten des NLV ein neues Dreijahresthema beschlossen. Und das zeigt, dass es weitergeht, denn es schließt Integration gleichsam mit ein: In den Jahren 2020–2022 wird sich der Verband auf allen seinen Ebenen schwerpunktmäßig mit dem Thema „Demokratie“ befassen.
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