Juli 26, 2023
Hannover, 26.07.2023 – Lange Wegstrecken, mangelndes Hilfsangebot und wenig Aufklärung: Ohne politisches Handeln bleibt die Gefahr für das Wohl der Frau im ländlichen Raum hoch. Jede dritte Frau wird in ihrem Leben mindestens einmal Opfer physischer oder sexualisierter Gewalt. Mindestens einmal wird jede vierte Frau Opfer dieser Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Lebenspartner. Das sind Angaben des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Jugend und Senioren.
Laut Bundeskriminalamt haben die Fälle häuslicher Gewalt im vergangenen Jahr um etwa 10 Prozent zugenommen. „Das sind schockierende Zahlen“, sagt Ilka Holsten-Poppe, Beisitzerin für Frauen- und Gesellschaftspolitik im NLV. „Gerade im ländlichen Raum sind Hilfsangebote knapp. Bei vielen Betroffenen fehlt es schon an der Aufklärung. Das Wissen über rechtliche Möglichkeiten, mit denen sich die Frauen wehren können, fehlt schlichtweg. Wir als NLV fordern eine Ausweitung des Angebots an Schutz- und Zufluchtswohnungen sowie verstärkte Präventionsarbeit, angefangen in den Schulen. Da die Mehrheit der Täter männlich ist, müssen Lehrkräfte sich im Rahmen ihrer pädagogischen und didaktischen Methoden vor allem an die männlichen Schüler richten. Auch die Polizei muss entsprechend geschult werden, damit sie schnell und sensibel reagieren kann“, so Holsten-Poppe.
Häusliche Gewalt hat viele Gesichter. Sie zeigt sich in physischer und sexueller Gewalt genauso wie in Beleidigungen, Drohungen, Kontrolle oder Stalking. Gerade diese Art von Gewalt ist besonders belastend, da sie an einem Ort stattfindet, der Geborgenheit und Wohlbefinden vermitteln soll.
Des Weiteren passiert im Falle häuslicher Gewalt häufig eine Täter-Opfer-Umkehr: Das Verhalten Betroffener wird hinterfragt, ihnen wird vorgeworfen, zu spät zu handeln. Auf diese Weise werden Schuld und Verantwortung des Täters dem Opfer zugesprochen. „Wir als Gesellschaft müssen verinnerlichen, dass nie das Opfer Schuld hat, sondern immer der Täter. Was hilft, ist ein aufmerksames soziales Umfeld der Betroffenen, sonst bleibt auch in Zukunft der Großteil der Taten unentdeckt“, mahnt Holsten-Poppe. Häufig können sich Frauen den benötigten Rechtsbeistand nicht leisten. Der NLV fordert daher kostenlosen Rechtsbeistand für Betroffene.
Der Deutsche LandFrauenverband (dlv) hat im Juni dieses Jahres ein Positionspapier zu dem Thema veröffentlicht und damit einen lautstarken Appell an die Politik gerichtet. Lesen Sie das Positionspapier und die dazugehörige Pressemitteilung hier:
Link zum Positionspapier: Häusliche Gewalt im ländlichen Raum bekämpfen (PDF).
Link zur Pressemitteilung: LandFrauen positionieren sich zum Thema häusliche Gewalt (PDF).
Über den Niedersächsischen LandFrauenverband Hannover e.V.
Der Niedersächsische LandFrauenverband Hannover e. V. (NLV) vertritt die Interessen aller Frauen und Familien im ländlichen Raum Niedersachsens – unabhängig von Alter, Beruf und Herkunft. Mit 62.000 Mitgliedern in 259 Ortsvereinen und 38 Kreisverbänden ist er der größte Mitgliedsverband im Deutschen LandFrauenverband. Sein Verbandsgebiet erstreckt sich in Niedersachsen östlich der Weser. Der NLV setzt sich ein für die Verbesserung der sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Situation von Frauen, für Bleibeperspektiven im ländlichen Raum, die Stärkung der Hauswirtschaft als Alltagskompetenz und Profession und den Dialog zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern. Weitere Schwerpunkte des NLV sind Bildungs- und Projektarbeit. Präsidentin ist Elisabeth Brunkhorst.
Anlagen