Januar 22, 2019

Pressemitteilung: (Nur) erben oder doch nachfolgen? Generationenwechsel in der Landwirtschaft
LandFrauen diskutieren beim BäuerinnenForum auf der Internationalen Grünen Woche 2019 über die ungesicherte Nachfolgesituation auf vielen Höfen

Berlin, 21.01.2019 – Anlässlich des BäuerinnenForums im Rahmen der Internationalen Grünen Woche begrüßt der Deutsche LandFrauenverband (dlv) rund 150 LandFrauen und Gäste, um mit ihnen über das Thema „(Nur) erben oder doch nachfolgen? Generationenwechsel in der Landwirtschaft“ zu diskutieren.

„Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass die Betriebsnachfolge gesichert ist“, stellt dlv-Präsidentin Brigitte Scherb eingangs fest. „Wenn die Politik, die Gesellschaft, aber vor allem die Beteiligten es nicht schaffen, gegenzusteuern, wird sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft in den nächsten Jahren noch beschleunigen. Unsere Familienbetriebe bilden das Rückgrat der Landwirtschaft und gestalten damit die ländlichen Räume maßgeblich mit. Was kann getan werden, um sicherzustellen, dass nicht nur Ackerflächen weiter bewirtschaftet werden, sondern dass wir Höfe – von Landwirtsfamilien bewohnt – in unseren Dörfern halten? Denn diese sind meist die Träger des sozialen Lebens im ländlichen Raum.“

Wie vielfältig die Herausforderungen sind, zeigt Anne Dirksen von der sozioökonomischen Beratung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Die Sorge um die wechselnden politischen Rahmenbedingungen seien andererseits immer häufiger Gegenstand ihrer Beratungsgespräche. Diese bestimmen die zukünftigen wirtschaftlichen Perspektiven auf den Betrieben maßgeblich mit. „Ist das, was ich heute plane, morgen noch gewollt oder gar schon illegal? Die politischen Rahmenbedingungen sind inzwischen unkalkulierbarer als das Wetter“, bringt sie es auf den Punkt.

Zwei Praktikerinnen geben danach ganz individuelle Einblicke in familiäre Entscheidungsprozesse rund um die Hofnachfolge. Kathrin Möntmann, Landwirtin und LandFrau aus Melle, betont: „Es ist äußerst wichtig, dass die Eltern nicht versuchen, ihre Kinder in den Landwirtsberuf hineinzudrängen. Den Beruf hat man sein ganzes Leben, der muss passen.“ Andrea Strothlüke, Milchviehhalterin und Direktvermarkterin aus Bielefeld, bestätigt diese Aussage. Sie musste gleich nach Übernahme mit den Auswirkungen der Milchkrise fertigwerden. Ihre Antwort darauf war letztendlich, eine eigene Molkerei auf dem Hof aufzubauen und damit die Wertschöpfung auf dem Hof zu halten.

Aber eine Frage beschäftigt sie sehr: „Wie kann es sein, dass wir Menschen mit guten Lebensmitteln versorgen und für einen Liter Milch weniger bekommen als ein Liter Wasser kostet. Ich wünsche mir mehr Respekt für den Berufsstand. Denn die Kühlschränke sind voll, weil die Bäuerinnen und Bauern einen guten Job machen.“

Bereichert durch die Präsentationen diskutieren im Anschluss Politikerinnen und Politiker der Bundestagsparteien: Alois Gerig (CDU), Rainer Spiering (SPD), Stephan Protschka (AfD), Dr. Gero Hocker (FDP), Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) und Ulle Schauws (Bündnis 90/Die Grünen). Daniela Ruhe, dlv-Hauptgeschäftsführerin, moderiert die Runde.

Im Austausch zeigt sich ganz deutlich, dass die Frage der Hofnachfolge nicht vom aktuellen Spannungsfeld, in dem sich die Landwirtschaft befindet, losgelöst diskutiert werden kann. Bei den Forderungen der anwesenden LandFrauen stehen verlässliche, dauerhafte politische Rahmenbedingungen und gezielte Fördermaßnahmen für Junglandwirtinnen und -landwirte im Mittelpunkt. Auch bei der außerfamiliären Hofnachfolge gilt es, mehr Anreize zu setzen, damit Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger den hohen Finanzierungsbedarf bei Hofübernahme stemmen können. In diesem Zusammenhang können auch spezielle Beratungs- und Förderprogramme für Frauen Lösungsmöglichkeiten bieten.

Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU ist Dreh- und Angelpunkt für die finanziellen Fördermaßnahmen sowohl in Bezug auf die Existenzgründung als auch auf die spezielle Förderung von jungen Unternehmerinnen und Unternehmern. Die Diskussion zeigt auf jeden Fall deutlich, dass an konkreten Unterstützungsangeboten von Seiten der Politik noch gearbeitet werden muss.

Petra Bentkämper, dlv-Präsidiumsmitglied, zieht am Ende des BäuerinnenForums Bilanz: „Wir fordern die Unterstützung unserer Familienbetriebe, das heißt verlässliche Rahmenbedingungen, damit langfristige Planungen möglich sind und unsere Kinder eine positive Zukunftsperspektive sehen.“ Sie endet mit dem Appell: „Machen Sie unseren gut ausgebildeten, motivierten jungen Menschen Mut, indem Sie sich offen zu unserer Landwirtschaft bekennen, unsere Arbeit wertschätzen und unsere vielfältigen Leistungen für die ländlichen Räume anerkennen. Reden Sie mit uns – nicht nur heute – und handeln Sie. Wir wollen Taten sehen.“

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